Rezension:Der Struwwelpeter: oder lustige Geschichten und drollige Bilder (Gebundene Ausgabe)

Ihr Kinder, hört mir zu,/ Und lasst den Mohren hübsch in Ruh!/ Was kann denn dieser Mohr dafür,/ Dass er so weiß nicht ist wie ihr? (Aus Struwwelpeter: Die Geschichte von den schwarzen Buben.)
Autor des legendären "Struwwelpeter" war der Arzt Dr. Heinrich Hoffmann. Er lebte und praktizierte in Frankfurt/Main. Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts brachte er für seinen kleinen Sohn die berühmten Bilder-Geschichten zu Papier.

Bereits 1876 erschien das Buch in der 100. Auflage. Der Text im vorliegenden Buch folgt besagter Auflage, wobei die sprachlichen Eigentümlichkeiten des Autors respektiert, Typographie und Rechtschreibung allerdings behutsam der Jetztzeit angeglichen wurden.

Die Bilder der hier rezensierten Struwwelpeter-Ausgabe geben die jeweils schönsten Blätter ausgesuchter, handkolorierter Frühdrucke wieder. Im Nachwort des Autors erfährt man, wie der "Struwwelpeter" entstand.

Als kleines Mädchen besaß ich natürlich auch eine Ausgabe vom "Struwwelpeter". Soweit ich mich erinnere, waren die Seiten dicker, möglicherweise aus Pappe. Wo das Buch geblieben ist, weiß ich nicht mehr.

Als ich noch nicht lesen konnte, las mein Urgroßvater mir daraus vor. Ich war außer mir, dass "Paulinchen" verbrannte und weigerte mich noch Jahre später ein Streichholz anzuzünden. "Geh vorsichtig mit Feuer um, Du könntest Dich verbrennen", ist für ein Kind keine schlechte Botschaft.

Das Buch habe ich Jakob, dem kleinen Sohn meiner Cousine, geschenkt. Diesen Klassiker unter den Kinderbüchern halte ich nicht für bedenklich. Die Geschichten sind - auch wenn sie teilweise möglicherweise ein wenig Angst auslösend sein mögen-, nach meiner Ansicht pädagogisch wertvoll.

"Die Geschichte vom bösen Friederich" belehrt Kinder, dass man Tiere nicht quälen soll und weist auf die mögliche Folgen hin, wenn man es doch tut. Legt man Untersuchungen zum moralischen Urteil beim Kind von Piaget zu Grunde so weiß man, dass der Glaube eines Kindes an die immanente Gerechtigkeit allmählich schwindet, wenn Bosheit straffrei und Tugend unbelohnt bleibt.

Dr. Hoffmanns Geschichten bestärken den Glauben an immanente Gerechtigkeit, weil Bosheit- wie im Fall vom bösen Friedrich oder auch in der Geschichte von den schwarzen Buben- bestraft wird.

Die meisten Geschichten - die Leser der Rezension werden sie alle aus ihrer Kindheit kennen - sind lehrreich.

Beinahe vergessen hatte ich "Die Geschichte vom wilden Jäger", die auch nach dem lobenswerten Prinzip: "Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu" funktioniert und die aus gutem Grunde so mancher prestigesüchtige Sonntagsjäger abermals genau studieren sollte, auch wenn er die Fünfzig schon überschritten hat.

Kleiner Wehrmutstropfen: "Die Geschichte vom Suppenkaspar". Hier halte ich die erste Strophe "Der Kaspar, der war kerngesund, ein dicker Bub und kugelrund" für bedenklich in einer Zeit, in der mittlerweile von fortschreitender Alterdiabetes bei Kindern aufgrund von Fettsucht die Rede ist. Die Geschichte in ihrer Gesamtheit allerdings ist bestens, weil sie letztlich das andere Extrem, die Magersucht, zum Hauptthema macht. Insofern bedarf sie nur einer kleinen zeitgemäßen Korrektur.

Alles in allem ein schönes Kinderbuch, das ich ohne Bauchschmerzen, dem kleinen Jakob schenken werde.

Die Illustrationen gefallen mir noch immer.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen